Foto: eine Lagerhalle mit hohen Regalen. Mittig fährt ein Gabelstapler.

Michael Gließner Der Weg ins Ausland: „Eine frühzeitige Planung ist das A und O“

Michael Gließner ermöglicht im Team Talent Management von DB Schenker bereits seit 15 Jahren Auslandsaufenthalte für rund 20 Auszubildende im Jahr. Im Gespräch gibt er einen Einblick, wie eine gute Planung und Durchführung gelingen kann.

Lieber Herr Gließner, Sie sind bereits „ein alter Hase“ bei der Umsetzung von Auslandsaufenthalten. Wo können Ihre Auszubildenden das Praktikum machen?

Wir bieten unserem Nachwuchs Auslandsaufenthalte in Ländern in Europa aber auch weltweit an. Da sind beispielsweise die Niederlande dabei, Österreich, Polen, Schweden, Indien, aber auch die USA und die Türkei.

Wie kommt es zu dieser Auswahl an Ländern – haben Sie hier Partner vor Ort?

Wir haben als weltweites Unternehmen das Glück, dass wir auf Standorte im Ausland oder auch Kooperationspartner von DB Schenker zurückgreifen können. Meistens kennt man sich bereits aus Meetings und baut dann eine Partnerschaft auf, um die Auszubildenden aus Deutschland an den Standort im jeweiligen Gastland zu entsenden. Unser gesamtes Team Talent Management & Development spricht das Thema bei passender Gelegenheit bei Partnereinrichtungen im Ausland proaktiv an.

Wie gehen Sie vor, wenn Sie Auslandsaufenthalte für Ihre Azubis planen?

Der erste Schritt ist, festzulegen, wohin der Auslandsaufenthalt stattfinden soll – soll es beispielsweise eher in die Türkei, die USA oder in die Niederlande gehen? Dann kann für diese Region eine Partnereinrichtung im Ausland gefunden werden, wo der Lernaufenthalt stattfinden soll. Anschließend müssen wir uns überlegen, in welchem Zeitraum wir die Auszubildenden in die jeweilige Region entsenden wollen. Dafür fragen wir jedes Jahr bei den Partnern im Ausland an, wer im kommenden Jahr in welchem Zeitraum wie viele Auszubildende aufnehmen kann. Wenn wir diese Rückmeldungen haben, legen wir fest, wie viele Plätze wir für unsere Auszubildenden im nächsten Jahr an einem bestimmten Standort zu einer bestimmten Zeit haben. Diese Plätze werden dann später in einem internen Bewerbungsverfahren bei Schenker an die Auszubildenden vergeben.

Wie sehen die Zeiträume für die Auslandsaufenthalte bei Ihnen aus?

Wir haben bei uns drei Entsendezeiträume im Jahr – einmal im Frühjahr, einmal im Sommer und schließlich im Winter. Dabei dauern die Auslandsaufenthalte mindestens 90 Tage bis zu 94 Tagen. Es handelt sich demnach stets um ca. dreimonatige Aufenthalte. Wir versuchen dann, die Anreise so zu organisieren, dass die Auszubildenden an einem Freitag eintreffen, die Einrichtung im Ausland schon kennenlernen und dann die Zeit am Wochenende zum Ankommen nutzen zu können.

Welche weiteren Planungsschritte folgen dann im Anschluss?

Wenn der Zeitraum des Auslandsaufenthalts, die Anzahl der Auszubildenden und die Partnereinrichtung im Ausland feststehen, können wir uns um die Finanzierung kümmern. Wir beantragen Fördergelder beim EU-Bildungsprogramm Erasmus+ und dem BMBF-Programm AusbildungWeltweit. Beides braucht jeweils Vorlauf.

Wie gehen Sie bei der Beantragung von Fördergeldern bei Erasmus+ vor?

Das Förderprogramm Erasmus+ und das Vorgängerprogramm nutzen wir inzwischen seit fast 15 Jahren. Seit 2021 ist DB Schenker nun akkreditiert, was einer dauerhaften Mitgliedschaft gleichkommt. So haben wir eine Planungssicherheit bis 2027. Durch die einmalige Akkreditierung können wir einmal jährlich Mittel abrufen und müssen nicht jedes Mal wieder einen Antrag auf Förderung mit einem großen Verwaltungsaufwand stellen. Ich beantrage dann entsprechend meines Bedarfs einen Mittelabruf, um die geplanten Auslandspraktika unserer Auszubildenden zu finanzieren.

Hintergrundinfos: Akkreditierung und Kurzzeitprojekte bei Erasmus+

Die Akkreditierung ist wie eine dauerhafte Mitgliedschaft, mit der Einrichtungen einen einfachen Zugang zu den jährlichen Fördermitteln des EU-Bildungsprogramms Erasmus+ erhalten. Damit ist es möglich, langfristig und sicher Auslandsaufenthalte für Auszubildende und Bildungspersonal einzuplanen.

Kurzzeitprojekte sind kleinere Mobilitätsprojekte, die auf eine kurze Dauer angelegt sind. Dies ist eine gute Option für Einrichtungen, die erste Erfahrungen mit dem Programm Erasmus+ sammeln oder nur eine begrenzte Anzahl von Auslandsaufenthalten organisieren möchten.

Und wie beantragen Sie die Fördergelder bei AusbildungWeltweit?

Die Antragstellung auf Fördergelder ist bei AusbildungWeltweit mehrmals Mal im Jahr möglich und ist schlanker als bei Erasmus+. Eine Akkreditierung gibt es hingegen nicht. Für den Förderantrag braucht man bei AusbildungWeltweit eine Absichtserklärung der aufnehmenden Partnereinrichtung im Ausland. Daher ist es besonders wichtig, dass die Partner bereits feststehen und verbindlich zugesagt haben. Auch die Anzahl der Teilnehmenden und der Berufszweig müssen bereits im Antrag angegeben werden. Änderungen kann man zwar später vornehmen – das ist aber mit einem gewissen Aufwand verbunden.

Wenn Sie die Fördergelder bei Erasmus+ beantragt und bei AusbildungWeltweit bewilligt bekommen haben – wie gehen Sie dann weiter vor?

Als nächster Schritt folgt die Auswahl der Auszubildenden, die sich auf die freien Plätze im Auslandspraktikum bewerben können. Wir führen bei DB Schenker drei Mal im Jahr eine Bewerbungsrunde durch – diese erfolgen rund ein Jahr vor der geplanten Ausreise. Wir haben hier also einen längeren Planungshorizont. Interessierte Auszubildende bewerben sich dann mit dem Europass Lebenslauf und einem Motivationsschreiben, wenn möglich auf Englisch. Die Sprachkompetenz in Englisch sollte einem Kenntnistand des B1-Niveaus nach dem Europäischen Referenzrahmen entsprechen – das ist keine sehr hohe Anforderung. Wir wollen damit den Ball flach halten, damit es für möglichst viele geöffnet ist.

In der Bewerbung können die Azubis dann bereits ein Wunschland angeben – dabei können sie bis zu drei Optionen nennen, die sie interessieren. Bei den Auswahlgesprächen erhalten sie Aufgaben, die abfragen, wie sie sich in Situationen im Ausland verhalten würden. Wichtig ist für uns dabei, ob sie Strategien haben, um im Ausland mit unserer Unterstützung zurecht zu kommen. Die Quote für die Teilnahme der Bewerberinnen und Bewerber ist dann wirklich sehr gut. Wir versuchen, alle mitzunehmen, die sich bewerben. Wenn wir in einem Lauf keinen Platz haben, versuchen wir sie im nächsten Zeitraum mitzunehmen. Denn: wer sich bewirbt, ist schon besonders motiviert.

Man muss auch erst einmal den Mut aufbringen, in eine fremde Arbeitskultur eintauchen zu wollen, in einer anderen Sprache arbeiten zu wollen – allein die Bewerbung erfordert Mut. Wir wollen diesen Einsatz belohnen.

Wichtig ist aber natürlich, dass die Auszubildenden, die ins Ausland gehen, ein Mindestmaß an Selbstständigkeit mitbringen.

Und wie geht es nach der Auswahl der Auszubildenden weiter – bereiten Sie diese noch speziell vor?

Einen Monat nach Auswahl der Auszubildenden gibt es dann einen Vorbereitungsworkshop. Das Besondere hierbei ist, dass das Treffen gleichzeitig auch ein Nachbereitungsworkshop für die Azubis ist, die von ihrem Auslandsaufenthalt bereits zurückgekommen sind. So ist ein Austausch zwischen den Ehemaligen und Neuen möglich und die Ehemaligen können ihre Erfahrungen an die Auszubildenden weitergeben, deren Auslandspraktikum noch bevorsteht. Da werden dann zum Beispiel auch Infos zu guten Unterkünften oder der Partnereinrichtung gegeben. Die Ehemaligen halten eine kleine Präsentation über ihre Erfahrungen und geben diese damit an die nächste Generation weiter. Die Ehemaligen erhalten dann auch ihr Europass-Zertifikat, das die Erfahrung im Ausland dokumentiert.

Wer übernimmt nach diesem Workshop die konkrete Buchung der Unterkunft und des Transports in das Zielland?

Das übernehmen die Auszubildenden bei uns selber. Diese Aufgabe ist bereits Teil der Vorbereitung und soll dazu beitragen, dass die Auszubildenden sich selbstständig mit der Organisation befassen. Natürlich unterstützen wir dabei und es gibt zusätzlich einen Mentor oder eine Mentorin in der Partnereinrichtung im Ausland, der oder die bei Fragen hilft. Das können beispielsweise Fragen sein wie: Ist diese Wohngegend sicher? Komme ich von dort gut zum Arbeitsplatz?

Dieser Mentor oder diese Mentorin ist dann auch ansprechbar für die Auszubildenden, wenn sie sich dann im Auslandspraktikum befinden?

Genau, sie sind Ansprechpartner oder Ansprechpartnerin bei Fragen – quasi das Pendant zur inländischen Ausbildungsleitung, aber im Gastland. Sie sind vor Ort ansprechbar, und wir sind per Telefon, Videocall oder Chat bei Problemen und Fragen auch erreichbar. Fragen können zum Beispiel sein: Wie verhalte ich mich im Krankheitsfall?

Eine wichtige Frage. Wie sorgen Sie für Krankheitsfälle im Ausland vor?

Wir haben Gruppenverträge bei einer Versicherung abgeschlossen, die Krankheitsfälle im Ausland abdeckt. So sind unsere Auszubildenden auch im Ausland gut abgesichert. Falls sie tatsächlich vor Ort zum Arzt müssen und in größere Vorleistung gehen müssten bis zur Erstattung durch die Versicherung, würde DB Schenker den Betrag übernehmen. DB Schenker ist da großzügig, um die Auszubildenden gut versorgt zu begleiten. Zum Glück ist es bisher noch zu keinem nennenswerten Krankheitsfall im Ausland gekommen. Entsprechende Versicherungen haben wir auch für den Bereich Firmenhaftplicht und Unfälle. Das gilt dann für die Arbeitszeit im Ausland. Für den Freizeitbereich sprechen wir mit den Auszubildenden, ob sie hierfür zusätzlich Versicherungen benötigen.

Und wie ist es in der Zeit des Auslandsaufenthaltes mit der Berufsschule?

Generell wird der Kontakt mit der Berufsschule gehalten. Teilweise beantragen die Ausbildungsleitungen eine Freistellung – oder die Berufsschule stellt die Materialien online zur Verfügung. Wir haben auch einige Berufsschulen, die den Auslandsaufenthalt sehr unterstützen und die Inhalte digital anbieten. Die Auszubildenden müssen das Lernmaterial dann nacharbeiten.

Der Auslandsaufenthalt ist demnach wirklich kein Urlaub – er bedeutet für die Auszubildenden einen Mehraufwand. Dieser lohnt sich aber gewaltig.

Der Output für den Auszubildenden, aber auch für das Unternehmen ist enorm. Die Auszubildenden wachsen persönlich über sich hinaus und lernen fachlich viel dazu. Wir erhalten dann reifere Auszubildende mit starken interkulturellen Kompetenzen zurück.

Und wie begleiten Sie Ihr Engagement kommunikativ?

Auslandsaufenthalte in der Ausbildung sind ein großer Mehrwert – und das kommunizieren wir auch dementsprechend. So haben wir auf der Karriere-Webseite unseres Unternehmens aufgeführt, dass wir Auslandsaufenthalte in der Ausbildung und für Ausbildungspersonal mit Erasmus+ und AusbildungWeltweit anbieten. Wir haben auch schon ein kleines Video einer Teilnehmerin, die in Panama ein Praktikum gemacht hat, bei Instagram geteilt und waren bei einer Podiumsdiskussion zu dem Thema bei der Bildungsmesse didacta mit dabei. Die Kommunikation hierzu zeigt auch Wirkung. Einige Auszubildende entscheiden sich gerade wegen dieser Möglichkeiten für unser Unternehmen.

Was würden Sie anderen Einrichtungen raten, die Auslandsaufenthalte in der Ausbildung anbieten wollen?

Frühzeitigkeit ist hier das Stichwort, das mir einfällt. Eine frühzeitige Planung ist das A und O. Eine gute Vorbereitung braucht Zeit und die sollte man auch investieren. Und ich kann das Beratungsangebot der NA beim BIBB empfehlen. Die regelmäßigen virtuellen Infoveranstaltungen helfen sehr.

Natürlich ist es auch ein Aufwand für das Unternehmen, die Auslandsaufenthalte zu ermöglichen. Aber es bringt so viele Vorteile für die Azubis und das Unternehmen. Ich kann allen Einrichtungen nur raten, sich auf den Weg zu begeben – die Reise lohnt sich!

Herr Gließner, vielen Dank für die spannenden Einblicke.

Noch Fragen?
Wir sind für Sie da.

Mehr zu unserem Team

auslandsberatung-ausbildung@bibb.de 0228 107 1566

Beratungsservice für Auslandsaufenthalte in der Ausbildung der Nationalen Agentur beim Bundesinstitut für Berufsbildung (NA beim BIBB)
Friedrich-Ebert-Allee 114-116, 53113 Bonn