Foto: Luftbildaufnahme der Stadt Madison im US-Bundesstaat Wisconsin

Jeanette Pittman „Mit Auslandsaufenthalten fördern wir Fachkräfte von morgen"

Jeanette Pittman ist Mobilitätsberaterin an der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main und hat für acht Tischler- und Feinwerkmechaniker-Azubis einen Lernaufenthalt in die USA organisiert.

Für die Deutsch-Amerikanerin gibt es viele Vorteile von Auslandsaufenthalten in der dualen Ausbildung: Diese reichen vom Kompetenzgewinn über die Stärkung der Völkerverständigung bis hin zur Attraktivitätssteigerung der dualen Ausbildung. Von ihren Erfahrungen berichtet sie im Interview.

Liebe Frau Pittman, wie haben Sie den Auslandsaufenthalt für die Auszubildenden organisiert?

Die Planung begann bereits 2019 – es gab zunächst einen vorbereitenden Besuch, der über das Programm AusbildungWeltweit gefördert wurde. Dafür war ich in Madison, Wisconsin und habe das Technical College besucht, das unter anderem Techniker/-innen und Tischler/-innen ausbildet. Das College verfügt über Lehrwerkstätten mit modernster technischer Ausstattung. Während des vorbereitenden Besuchs habe ich gemeinsam mit den Partnern vor Ort überlegt, wie ein Lernaufenthalt von deutschen Auszubildenden vor Ort aussehen könnte. Wichtig war uns, dass die Auszubildenden anfangs in einem fachpraktischen Lehrgang am College die US-amerikanischen Ausbildungsinhalte sowie Maschinen kennen und anwenden lernen. So sollten sie für ihr anschließendes Fachpraktikum in regionalen Betrieben bestens vorbereitet werden.  

Für welche Ausbildungsberufe haben Sie den Aufenthalt vorbereitet?

Den Lernaufenthalt in Madison haben wir für angehende Feinwerkmechanikerinnen und Feinwerkmechaniker sowie angehende Tischlerinnen und Tischler entworfen.

Foto: Jeanette Pittman bedient einen gelben Roboter beim vorbereitenden Besuch in den USA.
Für die Feinwerkmechaniker/-innen ist hier interessant, dass in den USA das Thema Robotik sehr weit fortgeschritten ist – gerade davon können unsere deutschen Auszubildenden stark profitieren.

Die Tischler/-innen wiederum arbeiten in den USA viel mit Echtholz sowie mit einigen anderen Holzarten, die in Deutschland nicht verwendet werden. Der Aufenthalt sollte 2020 stattfinden, allerdings kam uns Corona in die Quere. Im Jahr 2022 konnten wir endlich starten. Frei nach dem Motto: Was lange währt, wird endlich gut.

Wie lief der Aufenthalt ab?

Vor dem Aufenthalt gab es mehrere Vorbereitungstreffen mit den Teilnehmenden. Dann ging es für vier Wochen nach Madison. Gewohnt haben die acht Auszubildenden auf dem Campus der Universität Madison Wisconsin. In der ersten Woche haben die Auszubildenden das Technical College besucht. In den Lehrwerkstätten wurden sie mit den Maschinen, dem Inch-System, dem Lesen und Umsetzen amerikanischer Zeichnungen sowie dem Fachvokabular für Maschinen und gängigen Werkzeugen vertraut gemacht. In den darauffolgenden drei Wochen ging es dann in passende Betriebe. Dort konnten sie das neuerworbene Wissen praktisch anwenden und darüber hinaus ihre berufsspezifischen Kenntnisse erweitern.

Welchen Kompetenzgewinn haben Sie bei den Auszubildenden beobachtet?

Ganz offensichtlich ist natürlich die Verbesserung der Fremdsprache. Das bezieht sich sowohl auf das Fachvokabular, aber auch insgesamt auf Konversationen im Berufskontext. Die Auszubildenden haben gelernt, in ihrem Beruf auf Englisch zu kommunizieren, Lösungen zu finden und neue Techniken anzuwenden. Im Bereich der Feinwerkmechanik, wo wir in Deutschland bisher noch nicht so aufgestellt sind wie in den USA, haben die Auszubildenden sehr viel neuen Input mitnehmen können. Und insgesamt hatten alle sehr viel Spaß an der Arbeit, haben sich vor Ort vernetzt und sind sehr dankbar für die Erfahrung. Begeistert hat viele die Offenheit, mit der sie empfangen wurden. So wurden sie auch privat eingeladen, zum Beispiel zum Wochenendausflug, oder zum Barbecue – niemand hat sich allein oder isoliert gefühlt. Durch diese vielen fachlichen und zwischenmenschlichen Erfahrungen haben sich alle persönlich weiterentwickelt und haben ihre Soft Skills erweitert. 

Dann war der Aufenthalt ein Erfolg?

Absolut – es ist einfach eine großartige Sache, die am besten jeder und jede machen sollte. Nach der Pandemie war es zu Beginn mit der Organisation schon nicht einfach, aber wir hatten durch das Team des Förderprogramms AusbildungWeltweit eine tolle Unterstützung, das den Aufenthalt bezuschusst hat, und alles hat prima geklappt. 

Auch das US-Generalkonsulat Frankfurt zeigte sich vom Projekt begeistert. So wurden wir, die Teilnehmenden und ich, im Nachgang von Generalkonsul Thomas Thatcher Scharpf eingeladen. Im Konsulat haben wir uns dann ausgetauscht und von den Erfahrungen berichtet.

Planen Sie nach den positiven Erfahrungen künftig weitere Auslandsaufenthalte?

Wir haben den Anspruch, das ab jetzt regelmäßig zu machen. Aktuell überlegen wir, die Aufenthalte alle zwei Jahre umzusetzen.

Für mich ist das Thema auch eine Herzensangelegenheit.

Ich bin Deutsch-Amerikanerin und bin in beiden Kulturen zuhause – da verspüre ich den Wunsch, Menschen beider Länder zusammen zu bringen. Das ist für mich wirklich eine persönliche Motivation. Ich finde es wichtig für die Völkerverständigung und den Erhalt des Friedens. Gerade in Zeiten wie diesen. Und gleichzeitig können die Auszubildenden in den USA so viel lernen und für ihre Tätigkeit in Deutschland mitnehmen. Und was ich besonders schön finde: Viele bleiben in Kontakt und wollen die neu geknüpften Verbindungen aufrecht halten.

Was ist aus Ihrer Sicht der Mehrwert von Auslandsaufenthalten in der Ausbildung?

Neben dem Kompetenzerwerb der angehenden Nachwuchskräfte und der Völkerverständigung ist die Steigerung der Attraktivität der dualen Ausbildung ein wesentlicher Mehrwert. Dazu lernen die Auszubildenden auf der persönlichen Ebene viel dazu. Mit Auslandsaufenthalten wie diesen fördern wir die Fachkräfte von morgen.

Liebe Frau Pittman, herzlichen Dank für das Gespräch.

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